Betreten Sie heute unsere geheimnisvolle Schatzkammer im ehemaligen Schlafsaal der Waisenknaben im Historischen Waisenhaus. In dem ersten Mansarddach der Region passt die ganze Welt in einen Raum. Denn vor 300 Jahren wurden über 3.000 wundersame und kuriose Objekte von nah und fern zusammengetragen, um den Kindern der Schulstadt die unendliche Vielfalt der göttlichen Schöpfung zu vermitteln. Allerlei Merkwürdigkeiten können Sie hier entdecken: einen Mäuseembryo ebenso wie einen tätowierten Fisch oder die Rippe von einem Wal, einen versteinerten ungarischen Käse und sogar einen chinesischen Damenschuh. Von der Decke hängt ein mächtiges Nil-Krokodil, ausgestopft mit Stroh, wie zu der Zeit der Entstehung der Sammlung üblich. Angeordnet sind die Objekte in Schränken, deren prächtige Bemalung an Arcimboldo erinnert. Muscheln, Tiere oder Gesteine sind so ganz schnell in der Sammlung aufzufinden.
Auch heute noch versetzt unsere Wunderkammer Jung und Alt in Erstaunen. Sie gilt als das einzige vollständig erhaltene barocke Kuriositätenkabinett in Deutschland und zeigt unverändert das originale Museumskonzept des 18. Jahrhunderts. Damals wurden alle Bereiche des Lebens und alle Wissensgebiete erstmals in einem Zusammenhang betrachtet. Die Naturaliensammlung folgt den bahnbrechenden Ansätzen Carl von Linnés, der mit seiner Systematisierung den Weg für die moderne Biologie ebnete. Den Naturalien steht die umfangreiche Kunstsammlung gegenüber, deren Artefakte aus Indien und Amerika die beeindruckende Weltläufigkeit des Halleschen Waisenhauses widerspiegeln.
Als einzige europäische Wunderkammer des Barock ist die Kunst- und Naturalienkammer der Franckeschen Stiftungen vollständig erhalten und am authentischen Ort und mit dem historischen Mobiliar bis heute zu besichtigen. »Die Einzigartigkeit der Wunderkammer der Franckeschen Stiftungen liegt darin, dass alle Grundkomponenten der originalen barocken Wunderkammer erhalten sind: über 3000 Objekte aus den Bereichen der Kunst und des Lebens, die passgenauen Sammlungsschränke der Kammer mit ihren beeindruckenden farbenprächtigen Bekrönungsmalereien, der originale Raum im ehemaligen Schlafsaal des Historischen Waisenhauses sowie das museumstheoretische Konzept der Präsentation aufgrund der Kataloge aus dem 18. Jahrhundert.«, erläutert der Direktor der Franckeschen Stiftungen Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke. Am 12. Oktober 1995, hatte er als Archivar und Historiker die Kammer nach umfangreichen Quellenrecherchen am originalen Platz wiedereröffnen können.
Angebote
Sammelsurium - Auftakt zur Wunderkammer
Digitales Angebot Klassen 1-4
In der Wunderkammer wurde ein Durcheinander aus 5000 Objekten in eine Ordnung gebracht. Wo fängt man an und wonach kann man Gegenstände überhaupt sortieren? Fakt ist, die Wahlmöglichkeiten sind grenzenlos. Probiert es aus und experimentiert mit Euren eigenen Sammelsurien!
digitale Rettungsmission Familien und Kinder (6-12 Jahre)
Die Dinge in der Wunderkammer werden vom Vergessen bedroht. Ich, Tayé, das Krokodil brauche deine Hilfe. Sei dabei und entreiße dem Vergessen Spiel für Spiel die Geschichten meiner Freundinnen und Freunde!
Praxisnah, fundiert, kompakt. Unser Geschichtslabor führt anhand eines thematisches Schwerpunkts frühneuzeitlicher Geschichte (z.B. Frühaufklärung, Globalgeschichte, Bildungsgeschichte etc.) in die Arbeitsfelder von Historiker:innen ein. In bis zu sechs Praxismodulen stehen den Schüler:innen Expert:innen der Stabstelle Forschung, des Archivs, der Bibliothek sowie des Museums mit Impulsvorträgen, Führungen, Diskussionsrunden und Werkstatt-Sequenzen im LeoLab zur Seite.
Audiorundgang durch die Kunst- und Naturalienkammer
Kokosnuss, Krokodil und Straußenei: Wir begleiten Sie auf Ihrem Rundgang durch die Wissenswelt des Barock.
Der Frauenzimmerschuh
BesucherInnen sind immer wieder fasziniert von der Damenschuhsammlung im Schrank 14, dem Bekleidungsschrank. Interessierten sich die Pietisten für Mode? Und welcher Frau wurde wohl der Schuh vom Fuß gezogen?
Der Indienschrank
Der Indienschrank zeigt viele spannende Objekte. Unsere indische Bundesfreiwillige Mercy Rethna beschreibt im Film die Handfächer aus Palmblättern und eine Handtrommel.
Das Heilige Grab
Im Religionsschrank steht versteckt ein kleines, mit Elfenbein und Perlmutt verziertes Holzmodell. Die Kunsthistorikerin Anne Schröder-Kahnt stellt das Modell des Heiligen Grabes in Jerusalem vor und hat auch eine Vermutung, wie es in die Sammlung kam.
Die Rochenhautfigur
Handelt es sich um ein ausgestorbenes Tier oder vielleicht doch um einen durch Menschenhand gemachten Drachen? Lernen Sie die spannende Geschichte der Figur und die für uns heute befremdliche Weise der Verarbeitung von Rochen kennen.
Die Geduldsflasche
Die älteste Geduldsflasche der Sammlung zeigt eine ganze Bergwerksszene auf zwei Etagen in viereckigem Glas. Bergmänner, Handwerkszeug, Gebälk des Stollens und alle Gesteine wanderten durch den Flaschenhals – ein bewundernswertes Geduldsspiel für lange Winterabende.
Die Muskogeepfeife
Eine Pfeife aus Speckstein aus dem 18. Jahrhundert lässt bei einem Besuch der Sammlung die Phantasie erblühen. Geraucht wurde hier aber nie. Eine Verbindung gibt es zu den Salzburger Exulanten und den hallischen Pastoren in Nordamerika.
Das Pferdemodell
Füttern, reiten, Kutschen ziehen, all das wird heute noch in vielen Kinderzimmern gespielt und oftmals reift hier auch der Traum vom echten Pferdehof. Unser Pferd diente wohl als Anschauungsmodell im Schulunterricht.
Der Medinawurm
Das wahrscheinlich unscheinbarste Nasspräparat der Wunderkammer ist nicht zu unterschätzen. Bei falscher medizinischer Behandlung war das Leben des Patienten schnell in Gefahr. Unser Wurm erzählt von der Krankengeschichte eines südindischen Schuljungen im 18. Jahrhundert.
Das Herbarblatt vom großen Zittergras
Der Pflanzenschrank ist ein Fall für ExpertInnen. Woher stammt das Gras mit dem schönen Namen und warum findet sich das Herbarblatt in der Wunderkammer? Unsere Biologin Cornelia Jäger aus dem Pflanzgarten beantwortet alle Fragen.
Das Waisenhausmodell
Warum wurde das Modell des Waisenhauses im Waisenhaus gezeigt? Ist es als ein Spielzeug, ähnlich einer Puppenstube, gebaut worden, war es ein Lernobjekt an August Hermann Franckes Schulen oder diente es bei Führungen der Veranschaulichung des Bildungskosmos der Halleschen Pietisten?
Die Glasfaserperücke
Eine kratzige Glasfaserperücke in der Wunderkammer gibt Rätsel auf. War es ein Protoyp oder wurde das Modell im 18. Jahrhundert gerne abends getragen, damit man sich nicht das Haar am Kerzenlicht entzündete?
Der Ostindienfahrer
Hier geht es um das große Schiffsmodell in der Mitte des Raumes. Hatte der Ostindienfahrer ein Vorbild, sind vielleicht hallische Missionare auf dem Weg nach Südindien mit diesem Schiff gereist?
Der Jerusalempilger
Das Ölgemälde des Mannes mit dem Tattoo zählte lange zu den großen Rätseln der Sammlung. Wer war der Mann, warum zeigt er sein Tattoo am rechten Unterarm und warum ist er Teil der Sammlung? Vergleichbare Gemälde sind selten.
Die Thalsaline - Halle und das Salz um 1700
Wir haben die Siedehütten-Modelle aus unserer Wunderkammer vom Dach bis zum Fundament Punkt für Punkt aufgenommen und in ein interaktives 3D-Modell verwandelt, das den Prozess der Salzherstellung sichtbar macht. In einer Digital Story laden wir zum Rundgang durch Halle als Stadt des Salzsiedens in der Frühen Neuzeit ein.